Fragmente eines mittelalterlichen Brustpanzers aus Leder und Metall

Bei einer archäologischen Grabung des Landesamtes für Bodendenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern wurden 2009 in Stralsund drei Fragmente eines Brustpanzers geborgen. Sie stammen aus der Abfallschicht eines Gerbers, die in das 13./14. Jahrhundert datiert wird. Die Fragmente bestehen aus verzinnten Eisenplatten, die jeweils mit einem Lederstück vernietet sind. Es ist zu vermuten, dass der Brustpanzer ursprünglich auf der Außenseite aus Leder bestand und die Eisenplatten durch Nieten auf der Innenseite lamellenartig übereinanderliegend angebracht waren. Objekte mit und aus Leder sind eine archäologische Seltenheit, da sich organisches Material nur unter besonderen Umständen im Erdboden erhält. Für die Brustpanzerteile gibt es bisher keine regionalen und nur wenige überregionale Vergleichsfunde. Über die lokale Produktion solcher Panzerungen ist noch nicht viel bekannt. Bei einem Kompositobjekt ist die zu treffende Entscheidung über eine geeignete Konservierung und Restaurierung durch die Wechselwirkungen der einzelnen Materialien erschwert. Die verschiedenen Materialien verlangen meist eine gesonderte Behandlung. Der Zustand der Objekte war zu Beginn der Restaurierung sehr kritisch. Die dünnen Eisenplatten waren flächig korrodiert. Auf der Oberfläche befanden sich partiell klebrige Auflagerungen, die vermutlich von einem auf der Grabung eingesetztem Festigungsmittel stammten. Diese Auflagerungen führten dazu, dass die Objekte an den Fundtüten hafteten. Die Lederauflagen drohten sich von den Eisenplatten abzulösen, der Abbaugrad des Leders war weit fortgeschritten und ein Fragment wies mikrobiellen Befall auf. Nach eingehenden Untersuchungen zu Herstellung, Zustand und Materialien und deren ausführlicher Dokumentation wurde ein Restaurierungskonzept erstellt. Primäres Ziel sollte es sein, dass ein auswertbarer Befund konserviert wird, ohne die Objektgeschichte zu beeinflussen. Für die Entfernung der klebrigen Auflagerungen wurde mittels eines Lösemitteltests das Lösemittelgemisch n-Amylalkohol und Aceton im Verhältnis 3 zu 1 gewählt. Zur Aufbringung wurde das Gemisch zu einem Gel mit Klucel M angedickt. Mit einer Zwischenlage Lens Tissue wurde das Gel mit einer Einwirkzeit von etwa 10 Minuten auf der Auflagerung belassen und dann mit einem Holzstäbchen entfernt. Von einer Freilegung des Eisens mittels Feinstrahlgerät wurde abgesehen, da die empfindliche Oberfläche der Verzinnung nicht beschädigt werden sollte. Das Zinn ist weich und verliert seinen Korrosionsschutz schon bei kleinen Beschädigungen in der Oberfläche. Dabei besteht die Gefahr, dass Feuchtigkeit zum Eisen gelangt und weitere Korrosionsvorgänge verursacht. Klebungen erfolgten mit dem Kunstharz Paraloid B72 20%ig in Aceton und Stabilisierungen aus Seidenpapierstreifen. Durch die zusätzliche Befestigung des Seidenpapiers konnte ein besserer Halt gewährleistet werden, welcher zudem eine sofortige Wahrnehmung der fragilen Stellen zulässt. Abschließend wurde eine Verpackung angefertigt und Hinweise für eine geeignete klimatische Lagerung gegeben.