Bergung und konservatorische Bearbeitung von fränkischen Dreilagenkämmen
Eine von 1903 bis 2003 laufenden Grabungskampagne in Büttelborn, Hessen brachte zahlreiche Funde einer fränkischen Siedlung hervor. Darunter befanden sich mehrere Dreilagenkämme, die en bloc geborgen wurden. Eine Auswahl der Kämme wurde, in Gipskappen gesichert, der HTW Berlin übergeben und im Sommersemester 2016 konservatorisch-restauratorisch bearbeitet.
Nachdem anfangs nur die Röntgenaufnahmen über die Form und mögliche Bestandteile informierten, konnten die Objekte nach Auflösung des Blocks erstmals in ganzer Gestalt betrachtet werden. Nach dem Auftrennen der Gipskappen wurden die Kämme sofort sichtbar, es war jedoch auch deutlich zu erkennen, dass sie lediglich von Sediment und der Gipshülle gestützt wurden. Während der Bergung wurde das Sediment vorsichtig Schicht für Schicht abgetragen. Hierbei zeigte sich, dass die Originalsubstanz der Objekte bis auf wenige Risse, Brüche sowie einzelne abgebrochene Zinken, in einem guten Erhaltungszustand war. Nach ihrer Freilegung und einer Trockenreinigung mit Pinseln und anderen feinen Werkzeugen, wurden die Risse und Brüche mit Acrylaten der Paraloidgruppe geklebt (B72, B48 N), so dass die Kämme nach den Maßnahmen nahezu ihrer ursprünglichen Formgebung entsprechen.
Während der Bearbeitung bestand die Möglichkeit, naturwissenschaftliche Analysen durchzuführen. Hierzu gehören optische Verfahren, wie mikroskopische Untersuchungen und die zu Beginn erstellten Röntgenbilder. Instrumentelle Messverfahren konnten teilweise Aufschluss über die genaue Materialität der Objekte geben.
Die Dreilagenkämme setzten sich aus jeweils zwei Griffleisten und dazwischenliegenden Zahnplättchen zusammen, die mit Eisenstiften vernietet sind. Als Materialien konnten Knochen und Geweih identifiziert werden. Aus geglätteten Rohlingen (häufig der große Mittelfußknochen vom Pferd oder Rind) wurden je zwei Griffleisten und bis zu zwölf einzelne Zahnplättchen gesägt. Nach der Vernietung der drei Lagen wird der Dekor der Griffplatten, meist Linien- und Kreisaugen, mit speziell dafür hergestellten Werkzeugen, eingearbeitet. Die Zinken werden erst ganz zum Schluss eingesägt. Die Formen und Verzierungen der Objekte variieren: Es sind sowohl einseitige als auch doppelseitige Zahnungen unter den Kämmen vertreten [JÜNEMANN 2015].
Zahlreiche Grabungsberichte belegen, dass Kämme in dieser Region häufig als Grabbeigaben fungierten: speziell der fränkische Adel trug die Haare lang - die Haarpflege hatte einen hohen Stellenwert, so dass auch im Jenseits nicht darauf verzichtet werden sollte. Bereits zu dieser Zeit verkörperte eine gesunde und gepflegte Haarpracht Vitalität und Wohlstand. Der Besitzer eines solchen Kamms trug ihn meist in einem Futteral aus Textil oder Leder am Gürtelgehänge, was erklärt, warum Kämme häufig im Beckenbereich einer Grablege vorkommen [STAUCH 2004].
Sobald die konservatorische Bearbeitung abgeschlossen und dokumentiert ist, werden die Kämme dem hessischen Landesamt übergeben und dort hoffentlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Vordergrund der restauratorischen Arbeit steht jedoch der Erhalt der empfindlichen, originalen Beschaffenheit. Knochen und Geweih sind von organischer Substanz, die sich im Laufe der Zeit abbaut. Ziel ist es, diesen natürlichen Verfall, der durch vielfache Umwelteinflüsse zustande kommt, zu verzögern. Die Kämme dienen als Informationsträger, welche einen wertvollen Einblick in den Alltag und die Lebensweise der frühmittelalterlichen, fränkischen Gesellschaften bieten.