Eisenfunde der spätmittelalterlichen Waldglashütte Bodenfelde, Weserbergland
Die Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg führt seit dem Jahr 2012 eine Lehr- und Forschungsgrabung in der Gemeinde Bodenfelde, einige Kilometer nördlich von Göttingen durch. Im Zuge dieser Grabungen wird eine spätmittelalterliche Waldglashütte erforscht und es konnten zahlreiche Keramik-, Glas- und Eisenobjekte geborgen werden.
Anhand dieser wird der Fundplatz in das zweite Viertel des 15. Jahrhunderts datiert. Ziel der Grabung ist es, einen umfassenden Einblick zum Aufbau einer spätmittelalterlichen, vorindustriellen Glashütte sowie zur historischen Glasproduktion im Weserbergland zu erhalten [1].
Die Eisenfunde wurden an den Studiengang Konservierung und Restaurierung / Grabungstechnik der HTW Berlin übergeben und im Sommersemester 2015 konservatorisch-restauratorisch bearbeitet. Das Fundspektrum ist divers: vielfach handelt es sich um stangenartige, massive Objekte, deren genaue Funktion als Werkzeug in der Glasherstellung noch unklar ist. Hinzu kommen andere Gegenstände, wie Armbrustbolzen, Schlüssel, Messerklingen und verschiedene Beschläge, die von den Alltags- und Siedlungsaktivitäten auf dem Areal der Glashütte zeugen.
Alle Objekte wurden vorbereitend vom Laboringenieur Stephan Puille geröntgt. Die Röntgenaufnahmen lassen den Abbaugrad der Objekte erkennen und zeigen, in welchen Bereichen sie durch Korrosionsprozesse bereits massive Substanzverluste erlitten haben, wo sich die Magnetitschicht in den Korrosionsschichten befindet oder ob noch ein Eisenkern vorliegt. Der Erhaltungszustand der Objekte variiert stark bezüglich der Korrosionsgrade und anhaftender Sedimente. Dieser Zustand wird vor Beginn aller Maßnahmen in Schrift und Bild dokumentiert. Neben dem photographischen Eingangszustand weist insbesondere die zeichnerische Zustandskartierung verschiedene Korrosionsprodukte und -formen aus, die sich in Riss-, Schollen- und Blasenbildung äußern. Nach der Kartierung erfolgen Probefreilegungen zur Ermittlung der besten Freilegungsmethode. Die lockeren Sedimentanhaftungen können bevorzugt mit Stäbchen aus Holz oder Acrylglas entfernt werden. Hingegen werden die Korrosionsprodukte, die zum Teil eine Stärke von bis zu fünf Millimetern aufweisen, mit einer alternierenden Kombination aus Schleifen (Korund- und Diamantschleifkörper) und Strahlen (Glasperlen und Edelkorund) entfernt. Während der Bearbeitung und um weitere Brüche und Materialverlust zu verhindern, müssen Korrosionsblasen und Risse teilweise gesichert werden. Hierzu kommt das Ethylmethacrylat Copolymer Paraloid B72, zu 12 Prozent gelöst in Ethylacetat, zum Einsatz. Starke Risse und Brüche werden mit eingefärbtem Technovit, einem mehrkomponentigen Kaltpolymerisat, verfüllt und gefügt. Als letzter Arbeitsschritt nach dem Abtragen der Korrosionsprodukte und Freilegen der Magnetitschicht wird eine adäquate Verpackung für die Einlagerung der Objekte erstellt. Die Verpackung soll erneute Korrosionsprozesse verhindern, wobei Parameter wie konstant geringe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen aber auch die chemische Reaktivität der Verpackungsmaterialien zu bedenken sind. Während des Transportes sollte die Verpackung eine geringe Vibrationsübertragung ermöglichen.
Das Projekt demonstriert, wie sinnvoll eine gut verzahnte Zusammenarbeit zwischen Archäologie und Konservierung / Restaurierung ist. Hauptziel der durchgeführten Maßnahmen ist der Erhalt der Objekte. Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt ist die Informationserschließung für die wissenschaftliche Auswertung im Rahmen von Archäologie und Geschichtswissenschaft. Für viele der Eisenwerkzeuge muss ihre Funktion im Zuge der Glasherstellung noch erschlossen werden, sodass die konservatorische-restoratorisch Bearbeitung zu einer verbesserten Lesbarkeit und letztlich Erschließung dieser Objekte beitragen wird.
[1] Hans-Georg Stephan: Archäologische Ausgrabungen und Forschungen an einer Waldglashütte des 15. Jahrhunderts bei Bodenfelde am Solling, in: Göttinger Jahrbuch 62 (2014)