Die Konservierung und Restaurierung einer neuzeitlichen, glasperlenbesetzten Samthaube vom Friedhof Thaldorf
Die erstaunlich gut erhaltene Haube wurde 2002 aus dem Grab eines weiblichen Individuums auf dem Friedhof Thaldorf, Deutschland, geborgen. Sie befand sich aufgrund der Bodenlagerung sowie eines Hochwasserschadens der Depoträume in 2013 in einem für die Langzeitlagerung ungeeigneten Zustand. Daher wurde nach einer ausführlichen Objekterfassung und naturwissenschaftlichen Untersuchung zur Material- und Zustandsanalyse ein Konzept für die Konservierung und Restaurierung entwickelt. Hierbei wurde insbesondere auf die Diskrepanz zwischen der durch den Erhaltungsansatz bedingten Reinigung und den damit einhergehenden Gefahren für die fragilen Materialien eingegangen.
Da sich ein Großteil der zu bearbeitenden Bereiche unter und in der liegenden Haube befinden, stellte sich die Frage, ob es möglich und restaurierungsethisch notwendig wäre dem Erhaltungsansatz auch dort nachzukommen. Also, wie lassen sich Innen- und Unterseite sicher erreichen? Mithilfe einer Rekonstruktion der Haube wurden die Bewegungsabläufe erprobt, sodass eine Möglichkeit erarbeitet wurde, um diese sicher zu erreichen.
Für die konservatorischen und restauratorischen Maßnahmen wurde, nach Erörterung dieser Problematik, folgende Strategie erstellt: Nach einer ausführlichen Untersuchung, Dokumentation und Kartierung der Oberseite, konnte diese gereinigt und gesichert werden. Die Reinigung umfasste hauptsächlich die Entfernung der unzähligen Wurzeln und des Sediments, welche sich auf und in dem gesamten Objekt befanden. Die Sicherung betraf die Glasperlen des Besatzes, die gefährdet waren, sich vom Objekt zu lösen. Anschließend und nach dem Wenden wurde die Unterseite bearbeitet und diese ebenfalls ausführlich untersucht, dokumentiert und kartiert. Auch dort wurde eine Reinigung und Sicherung durchgeführt.
Im nächsten Schritt wurde die Innenseite dokumentiert, untersucht und kartiert sowie im Anschluss von Wurzeln und Sediment befreit. Die vollständig gereinigte Haube konnte in eine adäquate Position gebracht und auf einer objektgerechten Unterlage befestigt werden. Schlussendlich wurde sie adäquat verpackt. Nach diesem komplexen und zeitintensiven Projekt liegt die Haube in einem von allen Seiten gereinigten und gesicherten Zustand vor.
Während der Bearbeitung war es möglich zahlreiche Informationen zum textiltechnologischen Aufbau und der Materialität sowie Ornamentik der Haube zu erschließen. Auch wenn zu Beginn der Maßnahmen die sichere Bearbeitung der Unter- und Innenseite nahezu unmöglich erschien, konnten Methoden entwickelt werden, um einem ganzheitlichen Erhaltungsansatz nachzukommen. Hierdurch hat sich nicht nur die Flexibilität der Textilien deutlich erhöht, sondern konnten Informationen der Unter- und Innenseite erschlossen werden, die die vermutete Form des Objekts ergänzen, sodass eine abschließende detailgetreue und korrekte Rekonstruktion der Haube möglich wurde. - Antonia Weppler B.A.