Blockbergungen der Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters aus Niedersachsen

Die Blockbergungen der Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters, die von Studierenden des sechsten und siebten Semesters bearbeitet wurden, stammen aus dem niedersächsischen Immenbeck sowie aus dem Hildesheimer Dom. Die Ziele der Restaurierung umfassten

  • die systematische Auflösung der Blockbergungen in stratigraphischen Schichten,
  • die Dokumentation der einzelnen Plana mit zeichnerischen, fotografischen und computergestützten Methoden
  • sowie die Bergung, Ansprache und Konservierung/Restaurierung der enthaltenen Objekte.

Ein Schwerpunkt der Konzepterstellung befasste sich mit der anhaftenden Organik auf einem Großteil der Objekte, die es bei der Durchführung der konservatorisch-restauratorischen Maßnahmen zu berücksichtigen galt.

Der Kattenberg

Der Kattenberg bei Immenbeck birgt ein alt-sächsisches Gräberfeld, dessen Nutzungsphase vom 4. Jahrhundert bis zum mittleren 6. Jahrhundert n. Chr. reicht¹. Aufgrund einer Neubaugebietsausweisung wurden zwischen den Jahren 2000 bis 2004 insgesamt 262 Bestattungen des Gräberfeldes durch das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege (NLD) sowie durch die Denkmalpflege der Stadt Buxtehude untersucht und teils im Block geborgen. Die drei an der HTW Berlin bearbeiteten Blockbergungen stammen jeweils aus verschiedenen Bereichen der Frauengräber AE 333 und AE 329. Während sich die menschlichen Überreste im sauren, kalkarmen Lehmboden des Kattenbergs kaum erhalten haben, liegen die Beigaben, wie Metallobjekte und Fragmente organischer Materialien, teilweise in gutem Erhaltungszustand vor.

Blockbergung aus Hildesheim

Die Blockbergung aus Hildesheim stammt aus der archäologischen Untersuchung, die im Vorfeld der Sanierungsarbeiten am Hildesheimer Dom ebenfalls durch das NLD vorgenommen wurde. Die Untersuchung brachten u.a. Grablegungen, die bis in das Jahr 825 n. Chr. datieren, hervor. Die an der HTW Berlin bearbeitete Blockbergung 1663 - eine weibliche Bestattung - enthielt zahlreiche Glasperlen und Teilbereiche des Skeletts.

Die Bergung archäologischer Funde im Block ist in der archäologischen Bodendenkmalpflege ein zunehmend präferiertes Prinzip, da es insbesondere komplexe Befund-Fund Situationen, wie kleinteilige oder stark fragmentierte Objekte, unklare Materialstrukturen sowie fragile Erhaltungszustände, in der in-situ Lage bewahrt. Diese kann nach der Bergung und unter Laborbedingungen präziser untersucht und dokumentiert werden. Hierbei kommen verschiedene bildgebende oder messtechnische Verfahren zum Einsatz, die Informationen über die exakte Lage der Objekte im Befund und ihren Erhaltungszustand liefern, so dass eine spezifischere Planung der erforderlichen konservatorischen Maßnahmen möglich ist. Auch stark abgebaute, fragile Materialien - speziell Organika, bleiben en bloq besser erhalten: eine abrupte Milieu- und Klimaveränderung wird vermieden und das Mikroklima des die Funde umgebenden Sediments besteht weiterhin.

Röntgen und CT-Verfahren

Um die Blockbergungen aus Niedersachsen bearbeiten zu können, wurden auch diese zunächst mittels Röntgen- und CT-Verfahren untersucht. Hierbei wird die genaue Position der Einzelfunde im Block ersichtlich. Entsprechend konnte die Freilegung der enthaltenen Objekte geplant und erste Einschätzungen zu ihrem Erhaltungszustand getroffen werden. Die Freilegung der Objekte erfolgte in stratigraphischen Schichten nach festgelegten Plana, die jeweils fotografisch und zeichnerisch dokumentiert wurden. Ergänzend wurden 3D-Streifenlichtprojektionsscans angefertigt, die eine exaktere Zuordnung und Positionierung der Kleinstfunde ermöglichen sowie die Rekonstruktionsversuche unterstützen. Nach der fotografisch-zeichnerischen und 3-D Dokumentation wurden die Objekte vorsichtig entnommen, zwischengelagert und restauratorisch bearbeitet.

Probleme und Ergebnisse

An den Funden ergaben sich - trotz teils identischer Bodenlagerung - verschiedene Problemstellungen: schlechte Erhaltungszustände der Metalle und der Organik erforderten teils stabilisierende Maßnahmen, die als temporäre Sicherungen aus Cyclododekan und Lens Tissue ausgeführt wurden. Auch die Kompositobjekte aus Metall und Holz, sowie übereinander lagernde extrem fragile Funde erschwerten die Entnahme und machten das Unterteilen in Mikroblocks notwendig. Erst im Anschluss konnten die entsprechenden konservatorisch-restauratorischen Maßnahmen erfolgen, vor allem eine (Trocken-)Reinigung der Glasperlen sowie die Freilegung der Metalle von Korrosionsprodukten. Teils erfolgten zudem Klebungen und Sicherung - speziell der Eisenobjekte - unter Berücksichtigung der organischen Anhaftungen, die im Komplex erhalten blieben.

Im Ergebnis liegen zwei Eisenmesser mit mineralisierten Griffen aus Holz bzw. Horn, eine Eisenschnalle mit mineralisierten Resten eines Lederriemens, ein Eisenringfragment, eine Bronze und einundzwanzig Glasperlen vor. Zudem konnten Teilbereiche des Schädels aus der Hildesheimer Dombestattung für anthropologische Untersuchungen erhalten werden und ergaben sich durch die detailierten Untersuchungen zahlreiche Hinweise zur Typologie, Herstellungstechnik und Rekonstruktion der Grabausstattung der frühmittelalterlichen Epoche.

¹ siehe HABERMANN 2008, Bernd Habermann, Ein sächsisches Gräberfeld bei Buxtehude, Ldkr. Stade; Hrsg.: Henning Hassmann; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Kommission für Niedersachsen e.V.; Oldenburg 2008